Mein Mann und ich trinken in letzter Zeit selber regelmässig Kombucha und so lag ein Interview zu dem Thema nahe! Ich habe mir einen Interviewpartner gesucht, den ich schon sehr lange kenne: Paul Seelhorst. Er ist Mitbegründer von Fairment, eine Firma die RAW Kombucha braut und Leben zurück in deine Küchen bringt.
Wir sprechen im Interview unter anderem über:
- Warum im Namen Fairment das Wort “fair” steckt
- Was sind die gesundheitlichen Vorteile von fermentierten Nahrungsmitteln
- Wie du super günstig und nachhaltig deine eigenen fermentierten Nahrungsmittel und Getränke herstellen kannst
- Was schief gehen kann beim Fermentieren und wie du das verhinderst
Im Interview erzählt Paul auch, dass du mit Kulturen und Equipment von Fairment Nahrungsmittel nachhaltig haltbar machen, und probiotische Lebensmittel selbst ganz einfach herstellen kannst
Hier kannst du dir die Folge anhören:
Der Einfluss fermentierter Nahrungsmittel und Getränke auf deine Gesundheit
Julia: Ich freue mich sehr, dass ich heute einen neuen Interviewgast habe. Wir sprechen mit Paul Seelhorst von «Fairment» über das Fermentieren. Herzlich willkommen, Paul, und danke, dass du dir die Zeit nimmst.
Paul: Hi Julia. Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, hier zu sein.
Julia: Das ist schön. Was ich als erstes wissen möchte: In eurem Namen «Fairment» steckt ja das Wort «fair». Was bedeutet Fairness für dich? Ich gehe davon aus, dass es kein Zufall ist, dass das Wort in eurem Namen steckt.
«Fairment» – der Name ist Programm
Paul: Ja, genau. Ich muss dazu sagen: Ich war ein Sprechgesangskünstler früher, ein Rapper, und ich habe Wortspiele schon immer geliebt. Meine Intention war, dass ich, wenn ich mich selbstständig mache, irgendetwas Cooles machen will, das nachhaltig ist, der Gesellschaft mehr bringt als Geld für die Company zu erwirtschaften. Dann dachte ich, es wäre doch cool, wenn das fair wäre und Fermentation ist etwas, das damals schon spannend war. Wir haben dann angefangen, unsere Company in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu gründen. Wir haben dort in einer kleinen Küche angefangen und in sehr starker Inklusion mit denen zusammengearbeitet. Da war schon dieser «fair»-Grundgedanke da.
Mittlerweile gibt es einige Brands, die angefangen haben, Kombucha in Rohkostqualität zu verkaufen. Damals war es tatsächlich so, dass es Kombucha immer nur pasteurisiert gab – also, nicht mehr lebendig, sondern abgekocht, und nur aus Konzentraten hergestellt. Dann dachten wir, hey, wir sind auch fair, weil wir ein Produkt herstellen, das nicht pasteurisiert ist und den Konsumenten nicht täuscht. Und dann haben wir auch angefangen, diese Fermentationskits und -equipment und -kulturen zu verkaufen, so dass sich Leute das für Cent-Beträge zu Hause selbst herstellen können und nicht unbedingt bei uns kaufen müssen, wenn sie sagen: Das ist mir zu teuer.
Wir bringen ihnen das bei, wir educaten sie kostenlos und haben gedacht: Das ist doch auch irgendwie fair! So kam das zusammen, dass dieses «Fairment» total Sinn gemacht hat, und dann haben wir uns «Fairment» genannt.
Julia: Cool.
Paul: Man könnte sich sicherlich jetzt noch irgendwelche anderen Sachen aus dem Ärmel ziehen, aber das sind die, die mir spontan einfallen.
Von 10m2 auf bald 2000m2
Julia: Ja, das finde ich mega. Ihr seid immer noch in dieser Behindertenwerkstatt, oder wie muss man sich das vorstellen? Arbeiten die immer noch mit?
Paul: Man muss sich vorstellen, wir haben da wirklich auf 10 m2 angefangen. Da war das Büro in der Produktionsküche. Jetzt sind es … Ich würde sagen 1.000 oder in ein paar Monaten auch 2.000 m2. Wir erweitern gerade die Hallen.
Die meisten Firmen arbeiten mit Behindertenwerkstätten so zusammen, dass sie etwas in Auftrag geben. Das wird dann von denen gemacht. Die bieten ja verschiedene Sachen an, verpacken, versenden, bekleben, abwiegen und solche Geschichten. Die haben nicht wirklich viel Kontakt mit denen, sondern die geben das in Auftrag. Die sehen die Ware auch nie, wie sie da gemacht wird, und bekommen sie dann irgendwann.
Wir arbeiten wirklich mit unseren Kollegen dort Hand in Hand. Wir sehen die jeden Tag, sind jeden Tag im Austausch mit ihnen, sprechen mit ihnen, machen mit ihnen Witze, essen mit ihnen Mittag – das ist total schön. Es ist ein supergeiles Klima da. Das macht total Spass, und da haben alle etwas von. Es ist sehr viel inklusiver als sonst.
Julia: Ja. Genial. Ich war auch einmal in einer solchen Einrichtung zu Gast. Das war ein touristisches Angebot auf Island. Da haben wir auch mit denen zu Mittag gegessen und so. Und ich fand das auch so schön, wie da diese Durchmischung da stattgefunden hat. Das kann ich mir vorstellen, dass das ein tolles Klima gibt.
Paul: Es ist echt schön. Es ist manchmal ein bisschen wie im Kindergarten, aber auch lustig. Die können auch über sich selbst lachen und sind selbst auch total lustig und ironisch und gehen mit ihrer Behinderung manchmal auch einfach witzig um. Die nehmen das nicht so ernst. Das ist gar nicht so, wie man sich das manchmal vorstellt. Es macht Megaspass mit denen.
Julia: Ja, so hatte ich das da auch erlebt. Das fand ich wirklich ganz, ganz schön.
Fermente – althergebrachtes Superfood
Wie geht es dir, wenn du jemandem erzählst vom Fermentieren oder fermentierten Lebensmitteln? Wissen die Leute immer gleich, was das ist? Denn, wenn ich das so erwähne, gucken mich die Leute oft mit Fragezeichen in den Augen an.
Paul: Ja, das ist lustig, nicht? Wenige wissen, was das ist, aber tatsächlich haben alle schon einmal etwas Fermentiertes gegessen. Viele Leute haben als Leibgericht irgendwas Fermentiertes. Es gibt ja so viele Sachen, die fermentiert sind. Ich kann ja einmal ein paar aufzählen.
Julia: Ja, mach mal.
Paul: Bier, Sekt, Wein haben wahrscheinlich die meisten, die zuhören – auch, wenn es ein Gesundheitspodcast ist – schon einmal probiert. Dann Käse, Joghurt, Schinken. Jetzt haben wir die ganzen tierischen Sachen abgedeckt. Oder Kefir, dann Wasserkefir, dann Salami, Koji, Miso, Kimchi, Sauerkraut, Sauerteigbrot … Also, es hört nicht mehr auf. Es ist wirklich unendlich. Sojasauce, auch Schokolade oder Kaffee werden durch Fermentation hergestellt.
Ja, jede Kultur hat in der Geschichte der Menschheit sich eigene Fermentationstechniken angeeignet, um Dinge erstmal haltbar zu machen. Das war so die Grundintention dahinter. Man hatte ja früher keine Kühlschränke und konnte es nicht irgendwo einwecken und verstauen, wie mit den Technologien von heute. Dann hat man einfach gemerkt: Hey, wenn wir das in eine Salzlake packen oder mit Salz vermengen und den eigenen Saft da herausquetschen, wie bei einem Kohl, und das dann irgendwie kleinmachen und abschliessen, so dass kein Sauerstoff rankommt, dann ist das nach Monaten immer noch gut und schmeckt auch ein bisschen anders. Dem einen schmeckt es besser, wenn es lang fermentiert ist, dem anderen schmeckt es besser, wenn es kurz fermentiert ist. Es ist auch bekömmlicher. Es funktioniert ja wunderbar!
Fermente als Nährstofflieferanten
Was man damals noch nicht wusste ist, dass man damit auch viele andere tolle Sachen macht, wie zum Beispiel die Nährstoffe, wie sie jetzt im Kohl sind – Vitamin C zum Beispiel – bleiben komplett erhalten. Selbst, wenn du es irgendwie einweckst – also erhitzt – und dann in Dosen packst, dann geht das verloren. Durch die Fermentation bleibt das erhalten, in diesem lebendigen Biotop.
Es entstehen neue Mikronährstoffe. Durch die Fermentation sind ja Bakterien und Hefen aktiv, und die lassen neue Nährstoffe entstehen, wie zum Beispiel B-Vitamine. Das ist bei fast allen Fermentationen so. Vitamin B1, B2, B3, B6, Folsäure, Vitamin B12 … und immer die aktiven Formen. Deswegen ist es bei Veganern und bei Rohköstlern auch sehr beliebt, die fermentierten Lebensmittel zu integrieren.
Problematische Pflanzengifte, die in vielen Pflanzen drin sind, wie auch in einem Kohl, werden durch Fermentation abgebaut. Das können die verschiedensten Sachen sein: Lektine, Goitrogene, Phytinsäuren, Gluten, Gliadin … Bei der Milch, zum Beispiel, wird die Laktose abgebaut, und das Casein wird besser verdaulich gemacht, dadurch, dass es aufgeschlüsselt wird. Also alles wird bekömmlicher. Gifte werden abgebaut. Es gibt sogar Studien über Kimchi, wonach durch die Mikroben Glyphosat abgebaut wird. Total abgefahren!
Julia: Wahnsinn!
Paul: Und durch die Fermentation entstehen immer mehr Mikroben, so dass bei manchen fermentierten Lebensmitteln, wie zum Beispiel Sauerkraut oder Joghurt oder Kefir oder Wasserkefir, tatsächlich probiotische Stämme drin sind und das wie ein selbstgemachtes Probiotikum ist. Viele rennen ja zur Apotheke und kaufen sich jeden Monat teuer Sachets oder Kapseln mit Probiotika drin, können es sich aber eigentlich auch günstig zu Hause herstellen und haben damit auch einen tollen Beitrag für den Darm geleistet.
Julia: Ja, ja. Und es ist gar nicht so schwierig, nicht wahr? Viele Leute denken, das ist super aufwändig, weil sie das ja zum Beispiel auch kennen von Sauerkraut, dass man da Riesenfässer gemacht hat. Dabei ist es gar nicht nötig, dass man gleich solche Riesenmengen macht, sondern man kann das ja auch relativ überschaubar bei sich zu Hause machen.
Paul: Genau. Man kann das ja auch im Kleineren machen. Dann macht man vielleicht zwei Kohlköpfe klein, macht die Hälfte von dem einen in ein Glas mit ein bisschen Pfeffer, die andere Hälfte mit ein bisschen anderem Gewürz. Die Hälfte von dem anderen in ein Glas mit ein paar Algen, die andere Hälfte mit ein bisschen Rotkohl gemischt oder so. Dann hat man auch kleinere Gläser, die man dann direkt … Wenn sie fertig fermentiert sind und man sagt: «Oh, jetzt schmeckt’s mir aber lecker. Jetzt möchte ich, dass der Geschmack so bleibt», dann kann man sie in den Kühlschrank packen. Das fette Fass, das kannst du ja nicht in den Kühlschrank packen. Oder du musst erstmal wieder herumhantieren.
Kombucha – der «Eistee der Natur»
Julia: Ja, richtig. Nun hast du gesagt, ihr habt am Anfang mit Kombucha angefangen. Kombucha macht man ja aus Tee. Gilt das auch als Fermentation, so wie du das vorhin erklärt hast? Denn da macht man ja nun kein Salz ran, sondern eben Zucker. Ist das ein anderer Prozess, oder nennt man das auch «Fermentieren»?
Paul: Das ist eine gute Frage. Experten streiten sich darüber, ob es Fermentation ist oder nicht. Ich würde sagen, ja, es gehört in das Fermentationsuniversum und ist eine Essigsäurefermentation. Das ist eine Fermentation, die «aerob» stattfindet, also in Verbindung mit Sauerstoff. «Anaerob» wäre dann wiederum eine, die ohne Sauerstoff stattfindet, wie bei Sauerkraut oder Kimchi.
Bei der Essigsäurefermentation sind Essigsäurebakterien zugange – «Acetobacter» heissen die auch -, und die fermentieren dann die Glukose – also den Zucker – in dem süssen Tee, der der Grundstoff ist. Fermentieren die dann zu Kombucha. Dabei wird Glukose abgebaut, also es ist immer weniger Zucker. Dann wird es immer etwas saurer, denn dabei entstehen Säuren, organische Säuren.
Keine Angst, an alle, die jetzt denken: «O mein Gott! Jetzt werde ich übersäuert!» Das ist nicht so einfach der Fall, sondern der Kombucha liefert auch Mineralien mit und wird basisch verstoffwechselt, wie zum Beispiel eine Zitrone. Dadurch entsteht Kohlensäure. Das ist ja auch eine Säure, die entsteht. Dadurch hat es diesen natürlichen Blubber-Fizz, den viele sehr gern mögen, diesen Champagner-Fizz.
Was noch?
Ja, es entstehen all diese tollen Nebenprodukte, wie Vitamine und immer mehr Mikroben.
Ein natürliches Probiotikum für deinen Darm
Julia: Also es ist eigentlich auch ein Probiotikum, kann man sagen.
Paul: Ja, es gibt Hefestämme, die da drin sind, die als Probiotikum bezeichnet werden. Man kann nicht bei jeder Fermentation, die jetzt jeder bei sich zu Hause macht, garantieren, dass diese Stämme genau hundertprozentig darin entstehen, wo es dann auch Studien für teures Geld gab, die genau diesen Stamm identifiziert haben als probiotischen Stamm, aber viele verschiedene Stämme, die sehr ähnlich sind und eine ähnliche Wirkung haben. Das ist auch das Tolle an den Mikroben. Das wichtige für die Darmgesundheit ist ja auch eine hohe Mikrobendiversität. Dass wir jetzt genau die probiotischen Stämme zu uns nehmen müssen, um eine gesundheitliche Wirkung zu haben, ist auch nicht wirklich der Fall. Denn, wenn du diese Mikroben trinkst und die die Magensäure überleben – und das tun sie bei vielen Fermenten – und dann im Darm ankommen, dann können sie ihre DNA wie Werkzeuge anderen Mikroben zur Verfügung stellen im Zweifel, so dass die wiederum diese nutzen können, um damit bestimmte Fähigkeiten im Darm auszuüben.
Julia: Ja. Ja. Das ist schon genial, nicht wahr, wie das alles zusammenspielt?
Paul: Auf jeden Fall.
Julia: Zum Thema Säure wollte ich noch sagen: Wir machen ja auch viele Mikrobiomanalysen und sehen, dass viele Leute eben im Darm zu wenig Säure haben. Das wissen viele auch nicht, nicht wahr? Ein zu basisches Milieu im Darm ist eben auch nicht gut. Das klingt im ersten Moment gut, aber wir brauchen natürlich Säure, um zu verdauen und hierbei hilft Kombucha auf jeden Fall.
Paul: Auf jeden Fall!
pH Wert regulieren und Zucker senken
Julia: Wenn Menschen einen zu hohen pH-Wert im Darm haben, ist Kombucha trinken eine gute Idee.
Paul: Genau. Auch Apfelessig in Rohkostqualität ist eine Supersache als Digestif zu einer Mahlzeit. Einen Salat verdaut man deutlich besser, wenn man dazu ein bisschen Essig über den Salat macht, oder wenn man vor einer grossen Mahlzeit einfach mal einen Kombucha trinkt.
Das reguliert übrigens auch den Blutzuckerspiegel. Das ist eine andere tolle Sache, die bei vielen Fermenten der Fall ist, durch diese Säuren. Du musst dir vorstellen, wenn du etwas Süsses isst, dann geht der Blutzuckerspiegel hoch. Dann wird Insulin ausgeschüttet. Das ist jetzt nicht gerade schön für den Körper, weil es vergleichbar ist mit einer entzündlichen Reaktion, sage ich mal ganz plump. Es ist gefährlich für den Körper, Zucker im Blut zu haben, weil dann ungebetene Gäste – wie Mikroben -, die wir uns täglich einfangen oder die, im schlimmsten Fall, seit Jahren in uns schlummern, im Blut was zu futtern haben. Deswegen muss der Zucker ganz schnell wieder aus dem Blut raus. Das Tolle an vielen Fermenten ist, dass diese organischen Säuren dazu beitragen, dass der Blutzuckerspiegel reguliert wird, sprich, wieder normalisiert wird. Die Last des Zuckers, die auch in einigen Fermenten noch drin ist, auch gar nicht so problematisch ist, wie jetzt bei einer Limonade, die nicht diese organischen Säuren beinhaltet.
Zusätzlich werden ja, damit Zucker im Körper verstoffwechselt werden kann, Mikronährstoffe verbraucht – wie Vitamin C, B-Vitamine und Mineralien – und die liefern Fermente ja auch. Also, Fermente kommen als ganze Lebensmittel daher, wie eine ganz Frucht und nicht nur die pure Fruktose. So versuche ich das immer als Bild darzustellen.
Julia: Das erklärt ja dann auch, warum viele Leute sagen, wenn sie fermentierte Nahrungsmittel essen, dass sie dann weniger Heisshunger haben.
Paul: Ja! Tatsächlich!
Julia: Das ist sicherlich eine gute Erklärung dafür.
Paul: Genau. Viele nehmen das auch zum Fasten. Einfach, um tagsüber den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Fantastisch!
Julia: Nun hast du am Anfang erwähnt, dass ihr einen Weg gefunden habt, wie ihr den Leuten das günstig zur Verfügung stellen könnt. Heisst das, ihr bringt ihnen bei, wie sie es selber machen können?
Paul: Genau.
Kombucha zu Hause selber machen
Julia: Vielleicht kannst du einmal kurz diese Variante erklären? Wie kann man einen Kombucha zu Hause selber machen?
Paul: Das ist ganz einfach: Entweder, wir liefern die Kombucha-Kultur oder ein komplettes Starter Kit für die Kultur.
Julia: Vielleicht könntest du mal kurz sagen, was eine Kultur ist?
Paul: Eine Kultur ist bei Kombucha ein Teepilz. Das ist so eine Zellulosestruktur, die von Bakterien gebildet wurde. Darin befinden sich Hefen und Bakterien. Die leben darin in Symbiose zusammen. Das sind also Kumpels, und die helfen sich gegenseitig. Dann kommt dazu aber auch noch eine Flüssigkeit. Das ist ein sehr saurer Kombucha – die sogenannte Ansatzflüssigkeit – darin schwimmt dieser Teepilz.
Wenn diese Ansatzflüssigkeit mit dem Teepilz in Kontakt mit süssem, frischem Tee kommt, der abgekühlt ist – wenn er zu heiss ist, sterben die, der muss abgekühlt sein – dann fangen die wieder an, aktiv zu werden und verstoffwechseln den Zucker und andere Stoffe, wie Stickstoff, zum Beispiel, die da in dem Tee drin sind. Witzigerweise sind die so wie wir, die Mikroben: Wenn da ein bisschen Teein oder Koffein in dem Kombucha drin ist, und wenn das kein Kräutertee ist, sondern ein grüner oder schwarzer Tee, dann arbeiten die auch schneller!
Man kann sonst aber auch die koffeinfreie Variante machen, mit Hibiskustee oder so.
Julia: Okay, das funktioniert auch.
Paul: Ja.
Julia: Super. Und dann lässt man das stehen. Wie viele Tage?
Paul: Das kommt immer ein bisschen darauf an. Auf das Rezept und wieviel Grad es denn so sind. Lustigerweise auch, welche Jahreszeit es ist, wo du wohnst und ob du oft das Fenster offen hast oder nicht, denn über die Bäume kommen dann auch Hefen. Wenn da Obstbäume in der Gegend sind, dann fliegen Hefen davon vielleicht ein bisschen in deinen Kombucha rein. Die sorgen dann dafür, dass die Fermentation auch schneller gehen kann.
Ich würde mal sagen, es dauert so zwischen … Wenn es sehr warm ist, kann es schon nach fünf Tagen fertig sein. Wenn es relativ kühl ist – ich sage mal 20°C, 21°C – dann kann es auch 14 bis 21 Tage dauern. Jeder kann nach seinem eigenen Gusto entscheiden: Wie sauer möchte ich meinen Kombucha haben? Wieviel Zucker soll noch drin sein? Was ist für mich der Sweet Spot, wo ich sage: «Mmmh, geil, so möchte ich den haben!»
Ich habe zum Beispiel hier einen Kombucha, den habe ich, weil ich unterwegs war, ein bisschen spät abgeseiht, also «geerntet», sage ich mal. Dann habe ich da einfach noch ein paar Tiefkühlfrüchte reingeschmissen und ihn dann noch einmal in den Kühlschrank gepackt. Du siehst, dass die ganzen Polyphenole hier in das Getränk übergewandert sind. Und das schmeckt so unfassbar lecker nach Beeren, so richtig intensiv nach Beeren.
So kann man Früchte haltbar machen. Du schmeisst die einfach in diesen Kombucha rein, und die werden nicht mehr schlecht, denn der Kombucha ist so sauer, das schimmelt dann nicht. Das ist auch super nachhaltig und eine ganz tolle Art und Weise, nachhaltig zu Hause Lebensmittel zu verwerten. Und du kannst den Kombucha im Notfall, falls er zu sauer geworden ist, noch einmal dadurch nachsüssen. Du kannst auch Saft reintun. Du kannst noch ein bisschen Zucker nachfüllen, wenn du magst.
Was kann schiefgehen beim Kombucha-Selber-Machen?
Julia: Ja, super. Und wie gelingsicher ist es? Was kann schiefgehen?
Paul: Was kann schiefgehen? Der erste grosse Fehler, der passieren kann, ist, die Kombucha-Kultur in einen noch heissen Tee reinzukippen, so dass sie stirbt. Dann passiert wenig oder gar nichts. Dann wird sich wahrscheinlich nach ein paar Wochen oben so ein kleiner Schimmelflaum bilden, und dann sieht man schon: «Ah, okay, Schimmel.» Unsere Instinkte warnen uns dann sofort. Also, keine Angst, dass ihr da irgendwas konsumiert, was nicht mehr gut ist. Lustigerweise sehen manchmal auch die Hefen, die sich darin bilden, ein bisschen scary aus. Die sehen aus wie Aliens oder so etwas, aber das ist alles unproblematisch.
Ein anderer Fehler könnte sein, dass man kein Tuch oben drüberlegt, so dass Fruchtfliegen von dem Geruch angezogen werden und sich auf den Pilz setzen und dann da ihre Eier legen. Das passiert mal. Dann entsorgt man das Ganze halt.
Oder, dass man es ganz nah neben eine Pflanze stellt, die Schimmelsporen in der Erde hat, und die fliegen dann durch die Luft. Wenn dann zu wenig Ansatzflüssigkeit reingegeben wird oder jemand einfach nur den Teepilz reinschmeisst, ohne die Ansatzflüssigkeit, dann ist es nicht sauer genug. Dann ist das Milieu noch relativ unsicher, und dann können da leichter pathogene Keime oder Schimmelpilze Fuss fassen. Aber das merkt man dann sofort.
Es muss niemand Angst haben. Laut dem Department of Agriculture in den USA hat es in den letzten 100 Jahren nie irgendeinen Fall gegeben, wo sich jemand vergiftet hätte oder gestorben wäre, weil er etwas Fermentiertes gegessen hat. Es ist eher so, dass Lebensmittel damit sicherer werden.
Wenn man zum Beispiel eine Gurke hat, auf der EHEC ist oder irgendwelche Keime aus der Massentierhaltung, die giftig sind, wenn man daraus saure Gurken macht, dann machen unsere guten, alten Freunde, die Mikroben, mit dem EHEC kurzen Prozess. Dann kann man diese Gurke auch ohne Probleme essen.
Oder die Fermentation klappt halt nicht, und es schimmelt. Dann haben unsere «Vorkoster» uns aber gesagt: «Nee, is nich, nicht verzehren.» Das ist auch eigentlich ganz cool.
Julia: Ich denke, die Nase und die Augen sind da gute Mittel, um zu testen, ob das okay ist.
Paul: Genau. Wir haben schon über 100.000 Leuten Fermentation beigebracht, und bei unter 1 Prozent klappt das nicht. Also, 0,5 Prozent vielleicht.
Inspiration, Tipps und Unterstützung von der «Fairment» Community
Julia: Ja, man muss dazu ja auch noch sagen, wenn man euer Starterkit bestellt – das haben wir ja auch schon einmal gemacht – dann kriegt man ein Glas, man kriegt auch dieses Tuch. Also, da kann eigentlich nichts schiefgehen. Und eine schöne Anleitung, das habt ihr sehr schön dargestellt. Ich glaube, ihr habt auch online noch Sachen, wo man vielleicht auch Fragen stellen kann, oder wie ist das?
Paul: Ja, wir haben riesige Facebook-Communities zu verschiedenen Fermenten, also Facebook-Gruppen mit über 20.000 Mitgliedern. Da kann jeder einfach einmal reinkommen, Fragen stellen, Fotos posten, sich von der Community inspirieren lassen. Das ist total geil. In der Community supporten sich alle gegenseitig, beantworten Fragen, tauschen Rezepte aus und geben Tipps. Das ist megacool. Hier geht es zum Beispiel zur Kombucha-Facebook Gruppe: https://www.facebook.com/groups/Fairment
Ansonsten veranstalten wir auch den Fermentationskongress. Der läuft auch gerade. Da könnt ihr auch einmal reinschauen: www.fermentationskongress.de. Der ist für einen gewissen Zeitraum kostenlos. Da kann man sich diverse Experteninterviews anhören zu Fermentationsthemen.
Oder einfach einmal auf der Webseite gucken: www.fairment.de. Da gibt es Equipment, fertige Fermente, Kulturen und alles Mögliche.
Augen auf beim Kombucha-Kauf
Julia: Ja, Klasse. Nun hast du ja gesagt, ihr habt auch fertigen Kombucha. Vielleicht kannst du da noch etwas zu sagen. Worauf muss man achten? Du hast am Anfang ein paar Andeutungen gemacht, was vielleicht dann eben nicht so gesund ist und nicht so gut. Was zeichnet einen qualitativ guten gekauften Kombucha aus?
Paul: Es ist schon wichtig zu schauen, dass der Kombucha im Kühlregal steht. Wenn er nicht im Kühlregal steht, dann kann man sich relativ sicher sein, dass er entweder pasteurisiert– also, nicht mehr lebendig – ist und damit auch viel weniger dieser tollen Inhaltsstoffe hat und auch keine Mikroben mehr drin sind. Oder er wurde da falsch hingestellt von einem Mitarbeiter des Ladens, und dann kann es sein, dass so 1,5 Prozent Alkohol entstanden ist oder die Flasche übersprudelt, wenn man sie aufmacht, weil der noch gärungsaktiv – also lebendig – ist.
Leider ist es auch so, dass Kombucha-Firmen oder andere Firmen, die Kombucha als Produkt im Portfolio haben, das im Kühlschrank stehen haben, damit der Konsument im Laden denkt: «Ah, dann ist das ein Rohkost-Kombucha», aber das ist nicht unbedingt so. Die sind dann auch pasteurisiert. Da muss man schon schauen, ob da draufsteht «raw», «Rohkostqualität», «nicht pasteurisiert», «lebendig», «gärungsaktiv» oder so etwas. Das sind so Hinweise auf dieses Qualitätsmerkmal.
Julia: Okay. Ich kenne das noch von früher, als es mit Kombucha losging. Da gab es das wirklich mehr so wie Limonade. Der war ja auch sehr, sehr süss. Kann man auch darauf achten? Wieviel Zucker ist eigentlich in einem fertigen Kombucha, in einem guten, hochwertigen, roh fermentierten Kombucha? Wieviel Zucker ist da ungefähr drin?
Paul: Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Man kann ihn solange fermentieren, dass da nur noch Spuren von Zucker drin sind. Dann ist es aber schon echt sauer.
Julia: Und in eurem, den man fertig kauft?
Paul: Bei uns sind zum Beispiel unter 5 Gramm Zucker drin. Wir schreiben zwar drauf, dass mehr drin ist, aber mit der Zeit wird der Zucker auch immer weniger, selbst, wenn er ihm Kühlregal steht.
Wenn man jetzt sagt: «Ja, das ist aber immer noch viel Zucker!» Naja, bei Limonaden oder so, die süssen das auch nicht mit Zucker, sondern die süssen das dann mit Aspartam, im schlimmsten Fall, oder anderen Zuckerersatzstoffen, Agavendicksaft oder Traubensüsse. Das ist dann pure Fruktose und ist dann sogar noch schlimmer, meiner Meinung nach, als echter Zucker.
Julia: Ja, das stimmt.
Paul: Dann hat man den Zucker, der eh schon auf dem Etikett steht, plus noch den unsichtbaren Fruktosezucker, der on top kommt. Also, bei uns ist wirklich dann nur Zucker drin, und tatsächlich auch weniger als auf dem Etikett draufsteht.
Wir werden das Etikett sowieso noch einmal anpassen. Wir hatten ja gesagt, dass Zucker bei Kombucha bei weitem nicht so problematisch ist, als bei etwas anderem.
Julia: Und ein bisschen Zucker verträgt man ja auch. Wir sind genetisch programmiert auf 30 Gramm Zucker pro Tag. Damit kann der Körper ja auch umgehen, also mit so ein bisschen Zucker. Ich sage auch immer, Zucker ist etwas, das unser Körper kennt. Wenn es normaler Zucker ist, kann er damit eigentlich schon umgehen, solange es nicht zu viel ist. Aber diese neumodischen Sachen oder auch künstliche oder so etwas, damit kann er nicht umgehen.
Paul: Vor allem, wenn man den Zucker nach einer Sporteinheit konsumiert, dann ist es ja noch weniger problematisch, weil die Muskeln dann ohne grosse Hilfe von Insulin zu brauchen den Zucker aufnehmen. Oder wenn man es kombiniert mit ein bisschen Protein, Fetten, anderen komplexen Kohlenhydraten, dann ist es auch nicht so ein direkter Schlag ins Gesicht für den Körper, als wenn man puren Zucker isst.
Kefir und Wasserkefir
Julia: Nun sagtest du am Anfang etwas von Kefir und Wasserkefir. Das bietet ihr ja auch an. Das ist gar nicht mal so leicht zu bekommen, finde ich. Das kann man bei euch auch bestellen. Das sind ja dann so Kügelchen, oder?
Paul: Es gibt Milchkefir. Das sind Knollen. Ich nenne sie «das weisse Gold». Die sind super! Die wachsen nicht sehr viel und sind super wertvoll. Es gibt schon Hinweise in den heiligen Schriften, dass diese Knollen getauscht wurden. Man konnte damit Milch superlange haltbar machen. Milchkefir ist so der Superheld unter den probiotischen, fermentierten Lebensmitteln. Da sind über 60 probiotische Stämme drin und auch genau diese Stämme, Probiotika, die man sonst im Handel erhält. Ein absolut tolles Getränk. Super viele B-Vitamine, Vitamin C, tolle Aminosäuren …
Also, ich sage mal, das ist wirklich ein Gute-Laune-Getränk. Wenn jemand einmal eine harte, depressive, schwere Phase hat, dann empfehle ich – vor allem, wenn die Person vielleicht auch nicht viel Geld hat, um sich jetzt gross Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen und da im Hinblick auf Mikronährstoffe etwas zu machen – dann sage ich: «Hey, komm, probier‘ mal einen Milchkefir. Mach dir zu Hause täglich deinen Milchkefir. Da kannst du dir pro Tag für 50 Cent einen halben Liter Milchkefir machen und bekommst ganz tolle Nährstoffe.»
Wasserkefir sind so kleine Kristalle. So sehen die zumindest aus. Das sind auch sehr dankbare Mikroben. Die können jegliche Art von Zucker verstoffwechseln. Das sind auch Milchsäurebakterien, obwohl sie Milch nicht brauchen. Das ist so die «Limonade der Natur» und Kombucha ist der «Eistee der Natur», würde ich sagen. Kinder lieben Wasserkefir. Leute, die jetzt nicht so diesen sauren Essiggeschmack des Kombucha mögen, die mögen dann eher Wasserkefir, und der ist auch ganz schnell gemacht. In drei Tagen. Da muss man auch keinen Tee kochen. Da nimmt man Wasser, ein bisschen Zucker, ein paar Früchte, Knollen rein, zu, fertig. Nach drei Tagen hat man dann eine prickelnde Limonade.
Einmal kaufen – für immer ernten
Julia: Ich glaube, was wir noch gar nicht erwähnt haben, was vielleicht nicht jedem bewusst ist, ist, dass man das nicht immer wieder neu kaufen muss, sondern das kann man immer wieder verwenden. Funktionieren sie irgendwann nicht mehr? Ich glaube, die vermehren sich auch, nicht wahr?
Paul: Genau. Die vermehren sich und verdoppeln sich eigentlich mit jedem Brauzyklus. Die kann man immer wieder verwenden. Man kann sogar in den Laden gehen, sich einen Kombucha von uns kaufen und sich aus diesem Kombucha einen Teepilz züchten und selbst damit ansetzen. Das dauert dann eine ganze Weile, und man fängt dann sehr klein an. Für die deutschen Sparfüchse, die gerade zuschauen: Das kann man natürlich auch so machen. Das ist dann auch ein Qualitätsmerkmal, warum unser Kombucha authentisch ist und lebendig ist. Man kann sich daraus einen Teepilz züchten.
Julia: Wenn man diesen Pilz einmal hat, bekommt der immer neue Schichten. Da kann man auch einmal jemandem noch etwas weitergeben.
Paul: Ja.
Julia: Man kann sich die Pilze auch in einer grossen Gruppe teilen. Das finde ich auch ganz schön. Dem sind sich viele nicht bewusst. Das ist wirklich etwas, das man einmal kauft, und wenn man es gut pflegt, hat man viele Jahre Spass daran.
Paul: Genauso sieht es aus. Das ist auch das Schöne an diesem Teilen, an dieser Ferment-Community.
Julia: Stimmt. Das passt ja wirklich alles super gut zusammen. Nun habe ich als Schweizerin natürlich noch die Frage: Liefert ihr auch in die Schweiz?
Paul: Wir liefern auch in die Schweiz.
Julia: Und das klappt problemlos? Wie ist das mit Zoll? Hast du da schon etwas von deinen Schweizer Kunden gehört?
Paul: Mittlerweile haben wir es ganz gut raus. Ich glaube, es gibt einen Mindestbestellwert für kostenfreie Lieferung, der für die Schweiz ein bisschen höher ist als in Deutschland. Aber sonst klappt da alles. Das ist nicht mein Gebiet, deshalb will ich jetzt nicht lügen, aber ich glaube, so war das.
Julia: Wir Schweizer sind manchmal ein bisschen gebrannte Kinder, was das anbelangt, dass natürlich gewisse Firmen überhaupt nicht in die Schweiz schicken. Aber gut zu wissen, dass das funktioniert.
Sauerteig hast du, glaube ich, einmal erwähnt. Es gibt wirklich ganz verschiedene Dinge, die man bei euch einmal bestellen kann, ausprobieren kann. Es braucht ein bisschen Geduld, aber eigentlich viel weniger als man denkt. Es ist wirklich etwas, das man mit sehr wenig … Tee kochen, ein bisschen Zucker hineinrühren … Klar, man muss warten, bis er abgekühlt ist, aber das ist eigentlich eine Sache von Minuten, alles in allem, wo man da aktiv sein muss.
Paul: Genau. Und dann hat man gleich auch ein paar Liter. Es kann nichts anbrennen. Man muss keine Energie verbrauchen, um es herzustellen. Auch in dem Sinne ist es nachhaltig. Es muss nicht im Kühlschrank gelagert werden, wenn es ein Kraut wird oder so etwas, oder wenn man es gleich konsumiert. Es ist auch in der Hinsicht sehr nachhaltig. Und es ist so lecker, dass es relativ schnell wieder angesetzt wird.
Julia: Ja, genau. Wir haben es eigentlich immer so gemacht, dass wir dann gleich den Nächsten schon angesetzt haben, denn es dauert ja schon ein paar Tage, bis er dann fertig ist, und die paar Tage hat man dann ja Zeit den ersten auszutrinken. Dann ist der Nächste auch schon wieder fertig.
Pauls Geheimtipp: ein fermentierter Aperitif für Gäste
Paul: Was ich zum Beispiel gern mache – und das ist wirklich das Simpelste von allem: Ich habe meine Wasserkefirkristalle zu Hause, die überleben auch drei Monate im Kühlschrank in ein bisschen Zuckerwasser. Der Kombucha-Teepilz – wenn man einmal eine Pause braucht – der überlebt in seiner Flüssigkeit im Kühlschrank auch ein Jahr! Milchkefir auch ein Jahr.
Wenn ich dann einmal Gäste einlade – in Zeiten, wo das möglich ist – dann hole ich mir einfach so ein paar richtig gute Biosäfte, giesse davon ein ganz kleines bisschen ab, gebe die Wasserkefirkristalle oben in die Flasche rein, mache die zu, und dann so nach 24 bis 32 Stunden packe ich die in den Kühlschrank. Wenn die Gäste kommen, habe ich einen probiotischen, leicht alkoholischen Aperitif. Das ist eigentlich ein Zwischending zwischen Sekt mit O-Saft und O-Saft, den es bei einem Empfang, einer Party, sonst gibt. Immer sind alle total begeistert. Das schmeckt megalecker, ist gesund, und mit Saft wird der Wasserkefir dann auch ein bisschen alkoholisch, weil da sehr viel Fruktose drin ist. Wenn man den normal ansetzt, dann wird der nicht so alkoholisch.
Wie verträglich sind fermentierte Getränke für Menschen mit Intoleranzen?
Julia: Zum Schluss möchte ich noch ein Thema ansprechen, wo du gerade Fruktose erwähnst. Du hast ja gesagt, dass zum Beispiel der Kefir, der Milchkefir, nachher verträglicher ist, auch für Menschen, die jetzt zum Beispiel eine Laktoseintoleranz haben. Wie sieht es aus mit all diesen Intoleranzen, ob das jetzt Laktose ist oder Fruktose oder vielleicht auch Histaminintoleranz? Gibt es da gewisse Dinge, bei denen man vorsichtig sein muss, oder kann jeder alles vertragen? Welche Erfahrungen habt ihr da?
Paul: Das ist eine gute Frage. Bei Histamin würde ich raten, vorsichtig anzufangen, denn natürlich entsteht durch die Gärung immer Histamin. Ich würde dann raten, vielleicht mit Wasserkefir anzufangen. Der hat relativ wenig Histamin. Oder mit einem sehr, sehr lange fermentierten Sauerkraut, denn das Witzige ist: Es gibt ja histaminformende Bakterien, und es gibt sogar Bakterien, die Histamin abbauen. Am Anfang der Fermentation von einem Sauerkraut vermehren sich die, die Histamin produzieren, das heisst, der Histamingehalt steigt. Wenn es dann richtig sauer wird, dann werden die aber wieder weniger, und dann kommen langsam die hoch, die Histamin abbauen. So nach sechs Wochen fermentieren könnt ihr das Sauerkraut einmal testen. Ich vertrage das sehr gut, und ich hatte früher ganz krasse Histaminintoleranz. Mittlerweile habe ich fast gar keine Probleme mehr.
Ansonsten, selbst wenn ihr Laktoseintoleranz habt, probiert einmal Milchkefir. Das sollte kein Problem sein. Fruktoseintoleranz: Wenn es ganz krass ist, mit der Fruktoseintoleranz, dann würde ich vielleicht dazu raten, den Kombucha mit Reissirup oder Glukosesirup anzusetzen. Dann ist da wirklich nur Glukose drin und gar keine Fruktose. Aber diese Fermente sind ja auch sehr bekömmlich für die Verdauung. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der Fruktoseintoleranz hat und sich bei uns gemeldet hätte und gemeint hätte, dass er übertrieben krass auf unsere Sachen reagiert. Das hätte ich mitbekommen. Es gab zwar immer Fragen, dann haben wir gesagt: «Ja, du kannst auch fruktosefrei brauen.» Aber es gab nie eine Beschwerde dahingehend.
Julia: Super. Da hast du natürlich recht: Wenn man den Darm wieder in Ordnung bringt, dann verschwinden viele Unverträglichkeiten auch. Entweder komplett oder zumindest wird man sehr, sehr viel robuster und kann auch gewisse Dinge wieder in kleineren Mengen ganz gut vertragen.
Paul: Genau. Ich würde jetzt jemandem, der chronisch krank ist und wirklich Darmprobleme hat, nicht raten, mit Sauerteig anzufangen. Dann würde ich sagen: Hey, das schmeckt zwar superlecker und ist cool und ist auch fermentiert, dennoch ist Getreide nicht das optimalste Nahrungsmittel für den Menschen, selbst wenn es fermentiert ist. Es ist dann zwar bekömmlicher, gesünder, mehr Nährstoffe … Aber dann vielleicht erst einmal den Darm in Ordnung bringen und dann einen Sauerteig machen.
Julia: Ja, richtig.
Paul: Wer aber sowieso nicht widerstehen kann, der kann auch gern Sauerteigbrot essen. Lieber Sauerteig als normales Brot.
Julia: Ja, auf jeden Fall! Auf jeden Fall. Wie du schon sagtest: Es wird bekömmlicher.
Ja, vielen lieben Dank. Ich glaube, du hast alles Fragen beantwortet, die mir so vorschwebten, und ich glaube, du hast auch wirklich Lust gemacht, das einmal auszuprobieren. Das kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Es ist supereinfach, es macht Spass, und ihr kriegt das von Fairment auch liebevoll zusammengestellt. Ich finde das wirklich megatoll, was ihr anbietet.
Paul: Danke.
Julia: Gibt es noch etwas, das ich vergessen habe? Oder das wir vergessen haben? Möchtest du noch irgendetwas erwähnen oder meinen Hörerinnen und Hörern mit auf den Weg geben?
Paul: Schaut einfach gern einmal auf unserer Webseite vorbei: www.fairment.de. Da würde ich mich sehr freuen. Oder www.fermentationskongress.de. Da du gerade sagtest, du hättest auch schon einmal Kombucha probiert … Ich habe ein ganz altes Video auf YouTube gefunden, in dem du so ein ganz altes Set von uns ausgepackt hast.
Julia: Ja!
Paul: Das habe ich neulich mit Leon angeguckt, meinem Co-Founder. Das war echt toll. Da mussten wir echt lachen. Unsere Frauen waren auch dabei und haben sich das angeschaut. Die waren total geflasht, wie damals die Sets aussahen. Das waren so riesige Kartons, ausgepolstert, mit einem riesigen Glas. Jetzt sieht das alles viel … passender aus, mit einer besseren Anleitung und so. Aber so hat das einmal angefangen.
Julia: Ja, lustig, nicht wahr? Ich war dabei!
Paul: Ja.
Julia: Ja, es ist ja lustig. Wir kennen uns ja wirklich schon lange, auch über die Paleo Convention. Da durfte ich ja auch einmal moderieren. Es ist schon schön, die Geschichte, die man so gemeinsam erlebt hat. Das finde ich immer schön, wenn man auch online Kontakt halten kann.
Paul: Auf jeden Fall, auf jeden Fall.
Julia: Vielen Dank für das Gespräch.
Paul: Vielen Dank, Julia.
Julia: Mach’s gut. Bis bald einmal wieder.
Ganz am Anfang hatte Paul ja auch erwähnt, dass er mal Rapper war, hier ein aktueller Beweis, dass er es immer noch kann… Sein Sauerteig-Rap:
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